Meine Busbegegnung

Ich habe da etwas aktuelles aus dem Bus zu berichten…

Wir (Ich und Fleur) warten auf die Mini-Route 4. Wir warten und warten. Nach einem Arbeitstag haben wir eigentlich besseres zu tun, als auf einen Bus zu warten. Aber glücklicherweise frieren wir nicht, und nach einer halben Stunde kommt dann der heiß ersehnte, aber vollkommen überfüllte Bus. Vollkommen überfüllt heißt hier übrigens wirklich voll überfüllt. Man muss morgens zwischen 7 und 8 Uhr und abends zwischen 16 und 18 Uhr mindestens ein bis zwei Haltestellen früher beginnen, sich auf den Ausgang hin zu quetschen, damit man rechtzeitig aussteigen kann.

In Deutschland wäre der Bus also schon längst durchgefahren, aber in Nicaragua ist noch Luft nach oben. Während Fleur Frauenbonus bekommt, bin ich zu langsam und meine Chancen stehen schlecht, vorne in den Bus zu kommen. Also folge ich drei Männern, die hinten einsteigen. Ich fühle mich fast schon ein bisschen schlecht, weil man nur vorne bezahlen kann. Im Kopf lege ich mir aber zurecht, später zu bezahlen, wenn der Bus leerer sein wird. Ich steige also hinten ein, das heißt, zusammen mit den drei Männern hänge ich bei offener Tür aus dem Bus heraus. Vorteilhaft an der eher ungemütlichen Pose ist, dass einem bei Fahrtwind ganz gewiss nicht heiß wird. Vorausgesetzt, der Bus fährt. Der fuhr aber nicht. Der so oder so schon um etwa 20 Minuten verspätete Bus wollte nicht fahren.

Zu allem Unglück kommt dann auch noch ein Mann, der mir etwas verkaufen will. Aus seinem schnellen Spanisch werde ich erstmal nicht schlau, was er verkauft, denn er bietet auch keinerlei Waren an. Aber sein Blick und die fingerreibende Geste, zusammen mit den verstandenen Worten („pag-…“-„bezahlen“), sagen mir, dass er Geld von mir will. Wenn ich ihn richtig verstehe, sogar fünf Dollar. Er spricht nur mit mir, deswegen gehe ich davon aus, dass er nichts verkaufen will. Vielleicht bin ich ja zu schnell über den Bürgersteig gelaufen. Oder habe meine Standgebühr fürs lange Warten auf den Bus nicht bezahlt.

Und nur weil der Bus immer noch steht, schwant mir so langsam, dass da der Busfahrer vor mir steht und meine nicht gezahlten Gebühren einfordert. Ich bin total verwirrt, dass er nur mit mir redet, und nicht mit den anderen drei Männern, die gemeiner Weise auch nicht gezahlt haben. Wirklich vollkommen verdaddert stammele ich: „Yo pago… al fin… de este viaje…“-„Ich zahle… am Ende… dieser Reise…“. Er wird noch aufgeregter und schreit fast,… alles nur weil er kein Englisch sprechen kann… warum ich nicht bezahlen könnte… Ich rühre mich aber nicht vom Fleck, schließlich tut auch keiner der drei Männer irgendwas. Sie gucken den Busfahrer nicht mal an.

Als der Busfahrer dann endlich aufgibt, fangen sie an zu lachen. Vermutlich wegen meinem schlechten Spanisch, aber da muss ich ein bisschen mitschmunzeln. Wir fahren endlich. Als der Bus dann etwas leerer ist, bekomme ich Zuspruch von den anderern Fahrgästen. Wenn der Bus voll ist, steigen wir hinten ein, dass machen wir in Nicaragua so… Er (der Busfahrer) ist ein bisschen verrückt… Keine Schulbildung und so… Kurz vor der letzten Haltestelle habe ich dann doch mit den Worten „Yo pago como cada persona en este bus.“ . „Ich zahle wie jeder hier im Bus“ meine C$2,5 bezahlt.

Es ist nicht das erste Mal, dass ich zum Geld gebeten werde. Erst kürzlich durfte ich für einen Bus nicht C$5 zahlen, sondern C$7. Das ist ein Unterschied von gerademal 6 Cent, aber es ist nunmal eine ebenso klare Benachteiligung – und zwar nur, weil ich weiß/blond bin 🙁 Beides Mal wurde ich aufgrund meines Äußeren beurteilt.

Was lernen wir daraus? Die beste Waffe gegen Diskriminierung/Rassismus sind wahrscheinlich Mitmenschen, die sich mal auf die andere Seite stellen und Beistand leisten.

Zu den Bussen kann ich auch mal ein paar Worte verlieren. Die Busse sind total hinüber, in jeder Hinsicht, da ist der VW-Skandal ein WItz gegen.  Wenn beim Fahren und vor allem beim Anfahren nicht ordentlich schwarzer Ruß hinten rauskommt, dann…. bist du nicht in Nicaragua. Hier und da fehlt auch mal eine Fensterscheibe, und Türen werden mal durch mit Sand gefüllten Colaflaschen als Gegenwicht geschlossen gehalten. Trotzdem kann man in jedem Bus mit seiner Chipkarte bezahlen, und vorne befindet sich ein nigelnagelneues Lesegerät. Man muss halt in die richtigen Dinge investieren. Und Lautsprecher hat auch jeder Bus. Die sind auch immer auf Anschlag mit Musik bestückt! Beste Stimmung in den Bussen!

6 Kommentare zu Meine Busbegegnung

  1. Lieber RIcardo,

    das mit den Bildern gestaltet sich ein bisschen schwierig. Ich bin froh, überhaupt ein paar Bits und Bytes ins Netz zu bekommen.

    Liebe Grüße
    Finn 😀

    1. Hallo Finn,

      hast du in Nicaragua etwa auch Telecominternet? xD

      Auch wenn die Busse nicht die Umweltfreundlichsten sind, scheinen Sie ja Teile der deutschen Standrats, in Form von Pünktlichkeit der „Deutschen Bahn“, umzusetzen.

      Grüße aus dem Siegerland.

        1. Wenn wir uns gegenseitig Festplatten per DHL Express schicken würden, könnten wir, bei 500Gb Platten, eine Bandbreite von 23.703703703703703703703703703704 MBit/s erreichen xD.

  2. Hey Auswanderer!
    Kennst du mich noch? Ich bin die, die vor einem Jahr urplötzlich in ein fernes Land verschwunden und nun wieder Zuhause eingetrudelt ist.
    Von einer Person, Deckname JJ, bekam ich den Hinweis auf diesen amüsanten Blog. Das eine Gesicht auf dem Bild kam mir so bekannt vor..wage Erinnerungen..

    Scheint richtig abenteuerlich zu sein, was du dort erlebst. Ich freue mich für dich, dass du es dorthin geschafft hast und lese begeistert deine Berichte über das Leben dort. 🙂
    Gottes Segen und Bewahrung!

    LG Hannah

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